Pressemitteilung:
Der weiße Elefant überquert Europas Grenzen
Auf dem Dritten Europäischen Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte diskutierten knapp 2000 Gegnerinnen und Gegner aus ganz Europa über gigantische, Milliarden an Geldern verschlingende, unsoziale Bauprojekte.
Stuttgart, 28.07.2013
Sie haben den Nordflügel wieder aufgebaut, den Südflügel und den Schlossgarten: Die Bewegung gegen Stuttgart 21 war in den vergangenen vier Tagen Gastgeberin des Dritten Europäischen Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte und hat dazu in die Wagenhallen eingeladen. Die Bewegung hat die Räume mit mehr als 45 Podiumsdiskussionen und Workshops belebt und nach den für Stuttgart 21 bereits zerstörten Kultur- und Naturdenkmäler benannt.
Nach Val di Susa und Notre Dame des Landes in 2011 und 2012 diskutierten 2000 Menschen aus Frankreich, England, Rumänien, Spanien, Belgien, der Türkei und Italien über von europäischen Staatsregierungen und führenden Wirtschaftsunternehmen in ganz Europa lancierte Großprojekte, mit denen sich Investoren und die Projekte ausführende Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit versuchen zu sanieren, während ein stetig steigender Anteil der europäischen Bevölkerung aufgrund fehlender Investitionen in Bildung und Soziales in prekäre Verhältnisse abrutscht.
Mit einem weißen Elefanten macht sich die mit dem dritten Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte über die Grenzen Europas hinauswachsende Bewegung ein aus der indischen Geschichte stammendes Symbol zu eigen, das für die Nutzlosigkeit der Großprojekte steht. In der auf dem Forum verabschiedeten Resolution heißt es dazu: “Diese Großprojekte tragen zur Bildung einer neuen Finanzblase bei. Die von der EU geförderten Project Bonds schaffen neue Schulden für die Länder, die sie nutzen. Gleichzeitig lösen sie einen Teufelskreis aus, der die Volkswirtschaften und die sozialen Strukturen zerstört.“
Thema waren der von einer kanadischen Firma geplante Goldtagebau in Rosia Montana (Rumänien), der bereits 125 Menschen, die ihr Land verloren haben, in den Selbstmord getrieben hat, genauso wie die sich von England, über Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien ausbreitenden Eisenbahnnetze für Hochgeschwindigkeitszüge, die Lebensräume und Kulturdenkmäler zerstören: So wird für den Treno ad Alta Velocità (TAV), der unter anderem Lyon, Trieste und Budapest verbinden soll, das UNESCO-Weltkulturerbe Florenz untertunnelt: Historische Gebäude und Hunderte Bäume der Stadt sind bedroht; durch einen für die Bauphase eingerichteten Zughalt sind die ersten historischen Gebäude bereits durch Fassadenrisse und Wassereinbrüche beschädigt.
Der sich europaweit ausdehnende und darüber hinaus wachsende Widerstand will diese Zerstörung von Lebensräumen aufhalten und ist fest entschlossen, sich nicht nur auf dem bereits für 2014 geplanten Forum und virtuell weiter zu vernetzen, sondern auch mit gemeinsamen Widerstandsaktivitäten gegen die flächendeckend geplanten Großprojekte zu kämpfen: In ihrer Resolution beschlossen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums, die unterschiedlichen Widerstandsbewegungen zu stärken – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dritten Europäischen Forums wollen aktiv an den Debatten zur nächsten Europawahl teilnehmen. Sie fordern die Widerstandsbewegungen, die politischen Kreise und die Zivilgesellschaft dazu auf, die Verfügungen der Europäischen Menschenrechtskonvention ab sofort einzuhalten und die Unterschrift der Durchführungsverordnung des Übereinkommens von Aarhus zu verlangen.
Am Montag werden um 6.30 Uhr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums mit einer Blockade vor dem für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 eingerichteten Technikgebäude am Nordausgang des Stuttgarter Bahnhofs ihre Forderungen auf die Straße tragen. Das Forum endet mit einer internationalen Demonstration gegen unnütze Großprojekte, die um 16.30 Uhr an den Mineralbädern beginnt und zur Montagsdemo vor dem Hauptbahnhof führt.